Die 10 Gebote des Chorsängers
- Du sollst aus dem Chor herauszuhören sein! Deine Stimme
ist die beste. Wenn alle leise singen, dann singe du aus vollem
Halse!
- Du brauchst beim Singen nicht den Mund aufzumachen. Das ist
nicht vornehm. Bewege ihn nach Möglichkeit überhaupt
nicht; um so deutlicher ist deine Aussprache.
- Mache beim Singen ein finsteres, grimmiges Gesicht, etwa so
wie Napoleon nach der Schlacht von Waterloo.
- Die Chorproben sind nur für Minderbegabte. Du kannst
es auch so. Darum fehle öfter mal. Wenn Du aber trotzdem
kommst, dann komme wenigstens zu spät - man erkennt daran
deine Genialität. Außerdem ist das vornehm und hebt
dich aus dem gewöhnlichen Chorvolk heraus.
- Die Anweisungen und Erklärungen des Chorleiters gelten
natürlich nur für die anderen - du weißt ja längst
alles besser und langweilst dich. Es ist gut, wenn du das durch
Gebärden oder halblaute Bemerkungen zum Ausdruck bringst.
- Du hast es nicht nötig, nach Noten zu singen, denn du
hast Anspruch darauf, dass dir deine Stimme extra mit Klavierbegleitung
beigebracht wird - und damit basta.
- Die Notenhefte leben länger, wenn du den Deckel nach
hinten klappst, die Blätter knickst oder rollst und das Ganze
ab und zu fallen lässt. Im übrigen gehen dich die Notenhefte
nichts an, das ist Sache des Bibliothekars.
- Versäume keine Gelegenheit, dich mit dem Nachbarn zu
unterhalten. Das belebt die Chorprobe, und der Chorleiter kann
dann viel konzentrierter arbeiten.
- Achte gut darauf, dass deine Leistungen gebührend anerkannt
werden. Kritisiere viel und weise darauf hin, dass es früher
selbstverständlich besser war.
- Vergiss nie, dass es ein besonderes Entgegenkommen ist, dass
du überhaupt mitsingst und dass du bestimmt der ideale Chorsänger
bist.
(aus "Lied und Chor", Heft 8/78)
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